Andere Namen:
C.I. (Colour Index) Nr.: 52015; S. (Schultz) Nr.: 1038; Basic Blue 9 3,7-Bis(dimethylamino)phenothiazin-5-ium-chlorid, Methyl(en)thioniniumchlorid, Tetramethylthioninchlorid, N,N,N´,N´-Tetramethylthioniniumchlorid; lat. Methylthioninii chloridum INN, Methylthioninium chloratum, Methylenum caeruleum; engl. Methylene Blue, Methylthionine ChlorideSummenformel:
C16H18ClN3S x aq.Strukturformel:
Molekülmasse:
319,86 + aq.Beschreibung, Eigenschaften
Der reine Farbstoff erscheint als dunkelgrünes Pulver bzw. in Form von dunkelgrünen, bronzeartig-glänzenden Kristallen. Er kommt in verschiedenen Hydratformen vor und kann daher bis zu 22% Wasser enthalten, handelsüblich ist besonders das Trihydrat (MG. 373,91 g/mol). 1 Teil Methylenblau löst sich in etwa 25 bis 40 Teilen Wasser, 65 Teilen Ethanol oder 450 Teilen Chloroform. In Diethylether ist die Substanz nicht löslich. Eine 1%ige Lösung in Wasser reagiert sauer (pH-Wert 3 bis 4,5). Die Kristalle schmelzen bei 100 bis 110 °C unter Zersetzung.
Reaktionen
Methylenblau "betätigt" sich gerne als Wasserstoffakzeptor; der Farbstoff bildet dabei in reversibler (umkehrbarer) Reaktion eine farblose Leukoform (Leukomethylenblau), in der das vorher vorhandene chinoide, mesomerie-stabilisierte System unterbrochen ist:
Dieses Redoxsystem tritt im Bereich der Chemie und Biochemie des Öfteren in Erscheinung. So wird z.B. Formaldehydhydrat in Anwesenheit ungekochter Milch zu Ameisensäure oxidiert, Methylenblau dabei zur Leukoform reduziert. Die Dehydrierung des Aldehydhydrats wird dabei durch das sog. Schardinger-Enzym katalysiert (Schardinger, 1902).
Auf der beschriebenen Umsetzung (Färbung/Entfärbung) basiert auch die Verwendbarkeit von Methylenblau als Redoxindikator. Der Farbumschlag hängt dabei vom Redoxpotential ab, welches wiederum vom herrschenden pH-Wert beeinflußt wird (bei pH 7, Eo = + 0,01 Volt)
Verwendung
Methylenblau wird in Chemie, Medizin und Färbetechnik vielseitig verwendet:
Histologie: Die Substanz dient als sog. Vitalfarbstoff (Methodik entwickelt von P. EHRLICH, 1885), das bedeutet sie färbt manche lebenden Gewebebestandteile sehr intensiv an (typisches Beispiel: graue Substanz der peripheren Nerven), während andere sich nicht färben lassen. - Mikroskopie, Bakteriologie, Hämatologie: Als Bestandteil von LÖFFLERS alkalischer Methylenblaulösung zur Anfärbung von Bakterien und Protozoen, von GIEMSAS Lösung, von MAY-GRÜNWALDs Eosin-Methylenblaulösung usw. (siehe auch Tabelle unten). - Pharmazie: Antidot (= Gegengift, Gegenmittel) bei Kohlenoxid-, Blausäure-, Nitrit- und Anilinvergiftungen (ist auch bei anderen Methämoglobinbildnern wirksam, denn Methylenblau beschleunigt die Reduktion des Methämoglobin), weiterhin als Antiseptikum (Wundspülungen, Schleimhautpinselungen), Antirheumatikum sowie in der Tierheilkunde als Bestandteil von Präparaten gegen Ekzeme, Furunkel, Magen-/Darmkatarrhe, Geflügelkrankheiten usw. - Die früher übliche Anwendung bei Malaria, Enteritis und Pyelitis ist veraltet. In der pharmazeutischen Technologie zur Bestimmung der Adsorptionskraft von Pudergrundlagen: Schüttelt man die zu prüfende Puderbasis mit einer verdünnten Methylenblaulösung, so muß letztere innerhalb einer vorgegebenen Zeit entfärbt werden. Auch zur Prüfung von Ampullen auf Undichtigkeit brauchbar: Nach Einlegen der noch warmen Ampullen in 1%ige Methylenblaulösung kann man fehlerhafte Ampullen durch die Verfärbung ihres Inhalts erkennen.
Färberei: Als Thiazinfarbstoff zum Färben von Fasern (vorgebeizte Baumwolle, Seide, Polyacrylnitril etc.; hier findet meist das Methylenblau-Zinkchlorid-Doppelsalz Verwendung), Papier (auch zum Bedrucken) sowie kosmetischen Präparaten*; auch als Farbstoff in Lacken. - Analytik: Reagenz des Europäischen Arzneibuchs (Ph.Eur.2001). Zusammen mit Methylrot als sog. Tashiro-Indikator in der Maßanalyse. - Diagnostik: Methylenblau kann, in Form besonders angefertigter Kapseln eingenommen, zur Diagnostik der Magenfunktion verwendet werden.
* Diese Angabe entstammt der Literatur; Methylenblau ist in der Anlage 3 zur deutschen Kosmetikverordnung - zugelassene Farbstoffe für kosmetische Mittel - allerdings nicht aufgeführt.
Tab.: Verwendung von Methylenblau als Färbemittel in der Mikroskopie/Bakteriologie
Name des Reagenz | Verwendung |
Arnstein-Reagenz | Färbung von Achsenzylindern, Nervenfasern u. niederen Tieren |
Borax-Methylenblau (Manson) | Färbung von Bakterien |
Chenzinsky-Plehns Reagenz | Färbung mikroskopischer Präparate |
Diphtheriebakterienfärbung | Färbung der Polkörner nach Neisser |
Eosin-Methylenblau-Lösung (Jenner) | Färbung von Blutzellen |
Eosin-Methylenblau-Lösung (May-Grünwald) | Färbung von Blutzellen |
Karbol-Methylenblau-Lösung (Kühne) | Färbung von Bakterien |
Karbol-Methylviolett-Methylenblau-Lösung (Schlirf) | Färbung von Bakterien |
Methylenblau-Lösung (Löffler) | Färbung von Bakterien und Protozoen |
Unnas Methylenblau | Färbung von Bakterien |
Kenndaten (Angaben ohne Gewähr)
Parameter | Wert | |
Schmelzpunkt | 100 - 110 ° (Zers.) | |
l max | 661 nm | |
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Erstellt am 27.03.2000 * Letzte Änderung am 27.10.2001 © OMIKRON GmbH 2000-2001