Riechstoff-Lexikon B

Benzylalkohol

Andere Namen:

"Phenylmethanol", "Benzolmethanol"; lat.: Alcohol benzylicus; engl.: benzyl alcohol, benzenemethanol, phenylmethanol, phenylcarbinol, a-hydroxy-toluene; frz.: alcool benzylique; ital.: alcool benzilico

CAS-Nr.:

[100-51-6]

EG-/EINECS-Nr.:

202-859-9

Arctander:

290

Fenaroli:

45

FEMA-No.:

2137

Molmasse Mr /F.W. = 108,13 g/mol

Summenformel (Linienformel): C7H8O / C6H5CH2OH

Strukturformel:

Strukturformel Benzylalkohol

Vorkommen:

Dieser Riech- und Aromastoff ist ein natürlicher Bestandteil vieler ätherischer Blütenöle, insbesondere von "gehaltvollen" Duftpflanzen wie Ylang-Ylang, Tuberose, Jasmin und Goldlack. Auch in echtem Rosenöl, Hyazinthen- und Cassienblüten Absolues sowie im Duft von Robinia pseudo-acacia wurde Benzylalkohol aufgefunden. In Form des Benzoats und Cinnamats weiterhin enthalten in verschiedenen aromatischen Balsamen (Perubalsam, Tolubalsam, Styrax). Die industrielle Duftstoffherstellung erfolgt ausgehend von Toluol, da die chemische Konstitution des Syntheseprodukts der natürlichen Struktur entspricht und eine Isolierung aus pflanzlichen Ausgangsstoffen sehr teuer und aufwendig wäre. Als realistische Möglichkeit, natürliche Quellen anzuzapfen, wäre allenfalls die Reduktion der aus Benzoeharz isolierten Benzoesäure zu nennen, jedoch hat diese Methode nie technische Bedeutung erlangt.

Beschreibung

Benzylalkohol ist eine farblose, klare, lichtbrechende und ölige Flüssigkeit, die in Wasser begrenzt löslich ist (100 g Wasser nehmen ca. 4 g B. auf). Der Stoff ist mischbar mit Ethanol, Diethylether und Chloroform sowie mit den meisten fetten und etherischen Ölen.

Duftcharakteristik / odor profile

Der Dufteindruck ist angenehm und etwas süßlich, jedoch nicht sehr intensiv. Der Stoff besitzt ein schwaches Mandelaroma, das sich bei Lagerung an der Luft verstärkt (Bildung von Benzaldehyd) und einen scharfen, brennenden Geschmack.

engl.: faintly aromatic, pleasant, slightly sweet, almond-like, with a sharp, burning taste

Verwendung

Benzylalkohol ist durch Anlage 6 der deutschen Kosmetikverordnung in einer Konzentration bis zu 1% (bezogen auf das fertige Produkt) als Konservierungsstoff für kosmetische Mittel zugelassen. Die Verträglichkeit ist in aller Regel gut, Hautirritationen sind - wie bei fast allen Konservierungsstoffen - aber möglich. Im ÖKO-TEST Ratgeber Kosmetik beurteilt Dr. Dieter Wundram den Inhaltsstoff als "empfehlenswert". Die (Lebensmittel-) Zusatzstoff-Zulassungsverordnung läßt Benzylalkohol als Lösungsmittel für Farbstoffe bestimmter Anwendungsgebiete (z.B. Ostereierfarben, Käseüberzüge) zu.

In der Parfümerie und Aromenproduktion wird der aromatische Alkohol aufgrund seines guten Lösungsvermögens und dem unaufdringlichen Duft vorwiegend eingesetzt als Verdünnungs- und Lösungsmittel. In manchen Blumenkompositionen zur Abrundung und als Fixateur.

Der Alkohol ist ein wichtiges Ausgangsprodukt für Riechstoffsynthesen, vor allem zur Herstellung der verschiedenen Benzylester (Benzylacetat, Benzylbenzoat, Benzylpropionat, Benzylcinnamat usw.). Bisweilen auch für andere organische Synthesen eingesetzt.

Technisch verwendet als Bestandteil bzw. Lösungsmittel von Lacken, Kunstharzen und Farbstoffen, als Textilhilfsmittel und für Kohlepapiere. In der pharmazeutischen Industrie dient der Stoff als Konservans, z.B. in parenteral verabreichten Arzneiformen. Benzylalkohol wirkt auch lokalanaesthesierend.

Als Reagenz bei der Prüfung von Cyanocobalamin nach dem Europäischen Arzneibuch 1975.

Darstellung

Der Stoff kann durch Umsetzung von Benzylchlorid mit Alkalicarbonaten (bzw. Erdalkali-Hydroxiden) in der Wärme oder durch Reduktion von Benzaldehyd erhalten werden. Setzt man z.B. Benzaldehyd mit Formaldehyd um, so wirkt der Formaldehyd als "Hydridionendonator"; dabei wird er zu Ameisensäure oxidiert (sog. "gekreuzte" Cannizzaro-Reaktion):

Synthese von Benzylalkohol

Die Reaktion wird basisch katalysiert (Zusatz von Kalilauge); zu Mechanismus und Arbeitsvorschrift siehe Organikum, S. 533. Eine ähnliche Arbeitsvorschrift findet man auch in Organic Syntheses, Coll. Vol. II., p. 591 (analog der Darstellung von p-Methylbenzylalkohol).

1 Mol Benzoesäure-ethylester liefert bei der Reduktion mit 0,5 Mol Lithiumaluminiumhydrid in 90%iger Ausbeute Benzylalkohol (Fieser/Fieser, S. 327):

Syntheseschaubild

Bedeutsam ist auch die Möglichkeit, Toluol mit Luftsauerstoff zu Benzylhydroperoxid zu oxidieren, welches bei der Hydrolyse (neben etwas Benzaldehyd) Benzylalkohol liefert. Benzylalkohol, der noch Reste von Benzaldehyd enthält, kann durch Kochen mit starker Natronlauge benzaldehydfrei gemacht werden.

VERSUCH:

Man gibt zu einigen Tropfen Benzylalkohol vorsichtig konzentrierte Schwefelsäure. Anstelle einer Esterbildung tritt unter Wasserabspaltung Verharzung auf (Polymerisation). Ethanol würde - je nach Reaktionsbedingungen - Ethylsulfat oder Diethylether liefern.

Chemische und physikalische Kenndaten:

Parameter

Wert (z.B. RK=Roth/Kormann, R=Römpp, B=Bauer et al.)

Bereich (FCC 3)

Dichte 20 °C / s.g.

1,0419 (B);1,045 (R)

1,042 - 1,047 (25 °C)

Brechungsindex / refr. index

1,5396 (B, RK)

1,539 - 1,541

Schmelzpunkt / mp

-15 °C (RK)

---

Siedepunkt / bp

205 °C (Organikum); 205,4 °C (B, RK)

206 °C (decomp.)

Destillationsbereich / dist. range

---

NLT 95% between 202.5 and 206.5°

Löslichkeit in Ethanol

1:1,5 Vol. L50% (RK)

miscible

Löslichkeit in Wasser

1 g in 25 g (RK); 1 ml in 30 ml vollständig und klar (Ph.Eur.)

1 ml in 30 ml

Grenzwert für Aldehyde / aldehydes

---

0,2%

Vorschriften
Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF): A II / Flammpunkt: 96 °C
Wassergefährdungsklasse (D): WGK 1 (schwach wassergefährdend)
Schweizer Giftklasse (CH): 4

Erstellt am 26.07.1999 * Letzte Änderung am 28.08.2013

Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der © OMIKRON GmbH Naturwaren

[Literaturverzeichnis][Inhaltsverzeichnis]